Projektmotivation & Ziele

Motivation

Die zunehmende Elektrifizierung des Antriebsstrangs reduziert die Anzahl getriebetechnischer Bauteile in Fahrzeugen maßgeblich. Dennoch werden derzeit auch im Bereich von Elektrofahrzeugen und deren Antriebsstrang erhebliche Anstrengungen unternommen, um Leichtbaupotenziale zu erkennen und umzusetzen. Ein entscheidender Gewichtstreiber im Elektrofahrzeug ist neben dem Energiespeicher derzeit der E-Motor, der aufgrund der im Bereich niedriger Drehzahlen abgeforderten hohen Drehmomente in seinen Dimensionen groß ausgelegt werden muss. Um diesen Nachteil zu umgehen, werden neue Konzepte auf Basis kleinerer Elektromotoren angestrebt, die durch Höchstdrehzahlen und entsprechend reduziertem Drehmoment die geforderte Leistung zur Verfügung stellen. Die sehr hohen Drehzahlen des Motors müssen dann durch ein Untersetzungsgetriebe mit dem Abtriebsstrang harmonisiert werden. Das Untersetzungsgetriebe ist an dieser Stelle als maßgebliche Enabler-Technologie zu betrachten, um bei reduziertem Gewicht und hohem Komfort sowie klassischem Fahrverhalten in Zukunft Fahrzeuge mit hoher Akzeptanz im Markt zu bauen. Zudem werden auch im Hinblick auf den Elektromotor weniger Ressourcen, wie z. B. Kupfer oder seltene Erden, benötigt.
Analog zu den Bemühungen der vergangenen Jahre den Antriebsstrang von Verbrennungskraftmaschinen bezüglich seines Gewichts zu optimieren, ist die Einsparung von Energie in Elektrofahrzeugen ebenfalls von erheblicher Bedeutung. Zum einen führt ein reduziertes Fahrzeuggewicht zu einem geringeren Energieverbrauch und damit zu weniger CO2-Emissionen bei der Stromerzeugung. Zum anderen wird das sekundäre Leichtbaupotenzial angesprochen, welches durch die reduzierte Fahrzeugmasse skaliert werden kann. Als wichtiger Nebenaspekt der Energieeinsparung ergibt sich die Ausnutzung gesteigerter Reichweiten bei gleichen Energiespeichern, was die Akzeptanz der Elektrofahrzeuge im Markt deutlich positiv beeinflusst.

In aktuell am Markt erhältlichen Elektroautos sind Eingangsdrehzahlen am Getriebe von 12.000 bis 18.000 U/min üblich. Konzeptstudien und Forschungsarbeiten beschäftigten bzw. beschäftigen sich derzeit meist mit Drehzahlen bis zu 30.000 U/min. Zur weiteren Steigerung der Effizienz sollen zukünftig Drehzahlkonzepte mit bis zu 50.000 U/min zum Einsatz kommen, welche z. B. derzeit bereits im Forschungsprojekt Speed4E  an der FZG der TU München entwickelt und untersucht werden. In Folge der Höchstdrehzahlen spielen Fliehkräfte eine zunehmende Rolle bei der Zahnradbeanspruchung. Diese sind in der Berechnung der Zahnfuß-Belastung eines Zahnrads nach genormten bzw. standardisierten Berechnungsverfahren (wie z.B. DIN 3990 oder ISO 6336) bisher nicht enthalten, so dass dieser Einfluss nur über höherwertige, aber entsprechend aufwändige Berechnungsverfahren, wie z. B. FEM, abgebildet werden kann. Vor allem KMU besitzen üblicherweise nicht die finanziellen Mittel und die Ausstattung, diese Berechnungen durchzuführen.

Ziele

Light4Speed hat zum Ziel eine beanspruchungsgerechte Zahnradauslegung bei Höchstdrehzahlen mit und ohne Berücksichtigung von Leichtbaustrukturen zu entwickeln sowie die Effekte und Wechselwirkungen aus verschiedenen Leichtbaustrategien auf die resultierenden Spannungen im Zahnfuß und Schadenscharakteristiken zu untersuchen. Die betrachteten Leichtbaustrategien umfassen dabei:

  • Formleichtbau: Minimierung des Stoffeinsatzes durch Formgebung bei gleichem Tragvermögen der Struktur
  • Stoffleichtbau: Substitution des ursprüngliches Werkstoffs durch einen Werkstoff mit besseren gewichtsspezifischen Eigenschaften (z.B. durch neuartige Wärmebehandlungen)
  • Fertigungsleichtbau: Gewichtsminimierung durch Änderungen an Produktions-, Fertigungs- oder Montageprozessen (z.B. durch gezieltes Einstellen hoher Druckeigenspannungen)

Durch das Vorhaben Light4Speed werden Innovations- und Wertschöpfungspotenziale des Leichtbaus angehoben. Der Leichtbau wird als Konstruktionsphilosophie weiterverfolgt. Insbesondere durch die beanspruchungsgerechte ganzheitliche Gestaltung von Zahnrädern für Höchstdrehzahl-Anwendungen in der Antriebstechnik kann eine ressourceneffiziente Auslegung erfolgen sowie eine verbesserte Funktionalität erzielt werden. Die Leistungsdichte von Höchstdrehzahl-Getrieben kann weiter gesteigert werden, was zu einer direkten Gewichts- und damit CO2-Einsparung führt. Ferner wird angestrebt eine Auslegungsrichtlinie für Höchst-Drehzahlgetriebe in die aktuelle Norm ISO 6336 einfließen zu lassen, um die veränderte Zahnfußspannung bei Höchstdrehzahl sowie entsprechende Optimierungsmaßnahmen in Zukunft bei der Zahnradauslegung mit zu berücksichtigen.

Die Forschungsvereinigungen FVA – Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V., FOSTA – Forschungsvereinigung Stahlanwendung e.V. und AWT – Arbeitsgemeinschaft Wärmebehandlung + Werkstofftechnik e.V. mit ihren zahlreichen Mitgliedsunternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette „Getriebe und Zahnrad“ werden als begleitendes Instrument in die Projektarbeit in Form von regelmäßigen Wissenstransfer durch Vorstellung der Projektergebnisse eingebunden. Somit wird ein bestmöglicher interdisziplinärer Wissens- und Technologietransfer während der gesamten Projektlaufzeit gewährleistet. Damit wird ein Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit, zum Umwelt- und Klimaschutz als auch für die Arbeitsplätze am Industriestandort Deutschland geleistet.

Das Projektkonsortium trifft sich 2 mal pro Jahr in großer Runde um den Projektfortschritt zu besprechen und das weitere Vorgehen zu planen. Des weiteren findet einmal monatlich ein Jour-fixe aller Projektsachbearbeiter statt um sich gegenseitig auf den neuesten Stand zu bringen und das weitere Vorgehen zu besprechen.